STREIT 1/2021
S. 31-32
Mit dem Smart-Meter-Gateway öffnet das BSI Tür und Tor für häusliche Gewalt
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat 2020 eher unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der SmartHome-Geräten der Markt bereitet wird.1
Gedacht als technische Basis für die Digitalisierung der Energiewende wird ein Smart-Meter-Gateway zukünftig als zentraler Datenpunkt in Privathaushalten und Unternehmen installiert werden können. Damit wird zugleich ein Einfallstor für die smarte Überwachungswelt im privaten Leben geöffnet (siehe dazu Stelkens – Smarte Gewalt in STREIT 1/2019, S.3). Wann und wo im privaten Haushalt Energie verbraucht wird, lässt sich genau ablesen, überwachen und vor allem auch verknüpfen mit beliebigen anderen smarten Systemen.
In der Marktanalyse des BSI vom 6.2.20202
heißt es dazu „Das Smart-Meter-Gateway ist die zentrale Kommunikationseinheit eines intelligenten Messsystems und verbindet die Messeinrichtungen im lokalen metrologischen Netz (LMN) mit den verschiedenen Marktteilnehmern im Weitverkehrsnetz (WAN) und dem lokalen Heimnetz (HAN). (…) Die Einsatzbereiche des intelligenten Messsystems beschränken sich nicht nur auf direkt mit der Belieferung und Einspeisung von Energie verbundene Dienstleistungen, wie etwa die Erfassung und Übermittlung von Zählerständen zu Abrechnungszwecken. Das Smart-Meter-Gateway soll als Kernkomponente des intelligenten Messsystems zukünftig als Plattform für ein Bündel von Dienstleistungen dienen. (...) Für weitere Einsatzbereiche wie Smart Home und Smart Services formuliert das Messstellenbetriebsgesetz nach § 21 Abs.1 Nr. 4a lediglich die Anforderung, dass das Smart-Meter-Gateway „offen“ für mögliche Anwendungen und Mehrwertdienste sein muss. Es handelt sich daher um ein Angebot an entsprechende Dienstleister, es als Plattform für ihre Dienste zu verwenden.“
Das Ganze ist gut gemeint und soll nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums entsprechend der Roadmap „Standardisierungsstrategie zur sektorübergreifenden Digitalisierung nach dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“3
der erste Schritt hin zu einer umfassenden Kommunikationsplattform für die Digitalisierung des Energiebereichs werden. Es gibt also bald kein Entrinnen mehr vor diesen smarten Mitbewohnern, denn es heißt dazu zwar „bei Letztverbrauchern mit einem Jahresverbrauch bis einschließlich 6.000 kWh (das sind private Haushalte) handelt es sich nicht um Pflichteinbaufälle. Der grundzuständige Messstellenbetreiber (das wäre der private Haushalt) hat hier die Wahl zwischen dem optionalen Einbau eines intelligenten Messsystems (das sind Smart-Meter-Gateway-Geräte) oder einer modernen Messeinrichtung (das sind digitale Stromzähler ohne Datenaustausch via Smart-Meter-Gateway).“ In einer Mietwohnung nützt das Frauen aber nichts mehr, denn „der Letztverbraucher muss (…) ab 2020 (…) die Installation eines intelligenten Messsystems dulden (z.B. vom Vermieter).“ Ein Umbau wird also kommen. Zwar stufen Verbraucherschutzorganisationen eine Einbaupflicht für Smart-Meter-Gateways im Privathaushalt zur Zeit noch als kostenunzumutbar ein. Aber die Vorteile des Einbaus – nicht nur digitales Ablesen sondern eben auch variable Stromtarifangebote und Stromerzeugung, Netzauslastungssynergien und Senkung des Energieverbrauchs etc. – sprechen schon aus Umweltgründen für die Digitalisierung der Verbrauchserfassung. Und die alten analogen Stromzähler will die Bundesregierung innerhalb der nächsten Jahre flächendeckend abschaffen.
Natürlich soll der Datenschutz gewährleistet sein. Dazu heißt es „unabhängig von der Frage, durch welche Stelle die Aufbereitung und Kommunikation der Messwerte erfolgt, muss zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit die Kommunikation verschlüsselt erfolgen. Die direkte Kommunikation mit den intelligenten Messsystemen ist ausschließlich Teilnehmern der SM-PK-I (= Smart-Metering-Public-Key-Infrastruktur, das sind die Netzbetreiber bzw. Energiedienstleister selber, die angebundenen Dienstleister für Smart-Home-Dienstleistung und natürlich der Verbrauchshaushalt) vorbehalten“. „Um den Schutz der (…) Messdaten zu gewährleisten, ist (…) eine gegenseitige Authentisierung der Kommunikationspartner erforderlich. Die Kommunikation erfolgt dabei stets über einen verschlüsselten, integritätsgesicherten Kanal. Zudem werden zu sendende Daten (…) zusätzlich auf Datenebene verschlüsselt und signiert. Durch dieses Vorgehen ist sichergestellt, dass nur autorisierte Marktteilnehmer die Daten einsehen und nutzen können. (…) Grundlage für diese sichere Kommunikation (…) (sind) Zertifikate (...). Der operative Betrieb (…) wird durch einen Zertifizierungsdiensteanbieter unter Aufsicht des BSI durchgeführt.“
Kritik an diesem Datenschutz richtet sich bereits gegen eine „gläserne Kundschaft“ und warnt vor „Cyberangriffen“ auf diese Infrastruktur. Denn das Problem, dass die digitalpräzise Aufzeichnung von Energieverbrauchsdaten Rückschlüsse auf den privaten Lebensablauf von Menschen erlaubt, inklusive ihrer Intimsphäre, sieht sogar das BSI. Die missbräuchliche Auswertung von Verbrauchsdaten soll aber dadurch ausgeschlossen werden, dass im deutschen Modell die „detaillierten Verbrauchsdaten“ nicht an den Netzbetreiber übermittelt werden müssen. Die erfassten Daten sollen teilweise im Smart-Meter-Gateway verbleiben dürfen.
Was leider nicht gesehen wird bei den zuständigen Behörden, ist die Problematik der Innenbeziehungen an der Verbrauchsstelle. Denn mit Einwilligung sind alle Daten, egal wie verschlüsselt, zur Bearbeitung natürlich freigebbar und damit für alle anschlussfähigen Smart-Home-Lösungen nutzbar. Darauf weist die Marktanalyse die Dienstleister sogar ausdrücklich hin. Und genau dadurch besteht die Gefahr einer Instrumentalisierung des SmartHome gegen Frauen bzw. für häusliche Gewalt. Berichte von Frauen, nachdem es „ständig am smarten Türsystem klingelt“, „Ehemänner den Heizungsthermostat, das Lichtsystem sowie die Musikanlage nur noch allein kontrollieren oder gar einen Smart-Mirror im Bad installieren“, liegen aus den USA bereits vor, wo die Smart-Home-Industrie bereits länger auf dem Markt ist. Der Einsatz smarter Geräte zu Kontrollzwecken in Paarbeziehungen, ganz zu schweigen von fatalen Missbräuchen solcher SmartHome-Anwendungen nach Trennungen, droht.
Die benötigten Einwilligungen für die Datenfreigaben werden im Privathaushalt leider voraussichtlich ohne weiteres erfolgen, wenn die Partner der Frauen Smart-Home-Technik aus dem Baumarkt (die Werbung läuft auf Hochtouren) installieren möchten. Denn nach Einwilligungen aller Haushaltsbetroffenen wird in der Privatwirtschaft nicht differenziert. Überhaupt ist das uninformierte und intransparente Erteilen von Einwilligungen eines der Hauptproblematiken im Datenschutz- und Persönlichkeitsrecht. Es sollte daher konsequent rechtspolitisch eingefordert werden, dass auch das BSI als Verbraucherschutzbehörde für IT-Sicherheit digitale Gewalt und insbesondere smarte Gewalt gegen Frauen verpflichtend im Blick hat und präventive Lösungen hierfür anbieten muss.
- www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/SmartMeter/Marktanalysen/AllgemeinverfuegungFeststellungEinbau012020.pdf?__blob=publicationFile&v=4 ↩
- www.bsi.bund.de/DE/Themen/DigitaleGesellschaft/SmartMeter/Marktanalyse/marktanalyse_node.html ↩
- www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/SmartMeter/standardisierungsstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=3 ↩